Im Schlosstheater Fulda spielt das neue Musical “Robin Hood“ und macht Spotlight Musicals damit alle Ehre.
Besuchte Vorstellung: 19.08.2022 19:30
Mit einem aufgenommenen Willkommensgruß von dem Iren Chris de Burgh, der 8 Lieder für dieses Stück komponiert hat, wurde das Musical eingeleitet, welches das Publikum mit in den Sherwood Forest nahm und die bekannte Sage um Robin Hood, damals noch Robin von Loxley, erzählte in einer Zeit, in der der Adel, die Korruption und die Tyrannei über das einfache Volk herrschten.
Es war eine sehr bewegende, aus den Federn von Dennis Martin, Christoph Jilo und Kevin Schröder stammende Geschichte, die die Aktualität ihrer Kernaussage auch an dem besuchten Vorstellungsabend unter anderem dank der überzeugenden Regie von Matthias Davids dem Publikum nahebringen konnte.
Das Bühnenbild von Hans Kudlich war eine Mischung von Gitterkonstrukt, Scharnier-Wänden, Drehböden und neigbarer Hebebühne. Das ließ das Bühnenbild etwas abstrakt wirken. Die Requisiten, so wie zum Beispiel Tische, Stühle und ein Thron, und 3D-Projektionen veranschaulichten die Schauplätze, an denen die Geschichte gerade spielte. Auch das opulente Lichtdesign von Michael Grundner trug seinen Teil zur Darstellung der Szenerien bei.
Die Kostüme, für die Conny Lüders verantwortlich war, waren mittelalterlich mit einem modernen Touch und passten sehr gut zu dieser Produktion. Meistens wurden schwarze Lederkostüme und Umhänge getragen. Schwarz war eine beinahe allgegenwärtige Farbe bei den Kostümen. Für einige Farbtupfer sorgten aber beispielsweise die goldene Rüstung von King John oder auch die Rüstungen und Umhänge der adligen Lehnsherren.
In diesem Musical unterstützten ansprechende Choreografien von Kim Duddy die Geschichte. Es wurden moderne mit alten, volkstümlichen Tänzen vermischt. Allerdings stellte sich durchaus die Frage, was die immer wiederkehrenden, abgehackten Handbewegungen eigentlich zu bedeuten haben sollten.
Die energetische, meist poppige und rockige Musik, die die eindeutige Handschrift von Dennis Martin trug und noch von den 8 Liedern von Chris de Burgh unterstützt wurde, sorgte für viele Ohrwürmer, so zum Beispiel von dem Hit “Freiheit für Nottingham“, der die Melodie von Chris de Burghs “Don‘t pay the Ferryman“ adaptiert hatte. Auch waren bei manchen Ensemblesongs Chris de Burgs irische Wurzeln deutlich heraus zu hören.
Die Musik, unter der Leitung von Marcel Jahn, wurde von rund 60 Musikern aufgenommen und kam zwar vom Band, klang jedoch voluminöser und besser als manch andere Produktionen mit nur rund 6 Musikern im Orchestergraben.
Etwas schade war, dass der Gesang im Verhältnis zum Orchester etwas zu laut war und auch, dass der Hall manchmal zu spät oder zu stark aufgedreht wurde.
Am besuchten Vorstellungsabend standen, inklusive der beiden Kinderdarsteller, insgesamt 23 Darsteller auf der Bühne und diese haben das ganze Stück getragen und belebt. Das Ensemble zeigte gesanglich, schauspielerisch und tänzerisch all sein Können.
Lobenswert zu erwähnen waren zunächst einmal die beiden Kinderdarsteller dieses Abends, Leni Rau und Lilian Schmitt, die den jungen Robin und den jungen Guy mit Bravour verkörpert haben. Allerdings war es doch etwas schade, dass man Leni Rau als junger Robin nicht selbst singen lassen hat, sondern der Gesang auch vom Band abgespielt wurde.
Der Tenor Friedrich Rau ging in seiner zu Beginn nicht ganz so sympathischen Rolle des Robin Hood schauspielerisch vollkommen auf und brachte die Entwicklung dieser Rolle dem Publikum authentisch nahe. Er hatte jedoch zum Anfang des hier zu kritisierenden Abends leider leichte Schwierigkeiten, manche Phrasen, zum Beispiel in dem Lied “Wie ein wahrer Loxley“, gestützt zu Ende zu singen, konnte sich dann aber bei “Woran kann ich noch glauben?“ fangen und mit seiner immensen Stimmgewalt begeistern, so wie bei dem letzten Ton in diesem Lied, den er kraftvoll mit rauer, lauter Stimme heraus schmetterte. Noch eines der vielen, von ihm und seiner Stimme erschaffenen Highlights der besuchten Vorstellung war der Song “Freiheit für Nottingham“.
Großen Eindruck machte Johanna Zett mit ihrem sehr angenehmen Timbre als Marian, die sich als wahren Gewinn für dieses Stück zeigte. Nicht nur schauspielerisch verkörperte sie diese starke, unabhängige, jedoch auch mitfühlende, junge Frau absolut authentisch, sondern konnte dieser auch gesanglich eine beeindruckend sichere, kräftige Stimme verleihen - beispielsweise bei dem Lied “Du bist nicht allein auf dieser Welt“.
Der frühere Freund von Robin, nun sein Gegenspieler, Guy von Gisbourne sowie dessen anwachsender, verbissener Zorn wurde von Thomas Hohler mit imponierender Glaubwürdigkeit und starker Stimme dargestellt und gesungen, trotzdem seine Stimme bei manchen langen, lauten Tönen ganz leicht brach, wie beim letzten Ton in dem Lied “Ich oder du“, welches der Tenor ansonsten wie alles andere an diesem Abend beeindruckend sicher und kraftvoll intonierte.
Christian Schöne verkörperte den extrovertierten, grausamen und selbstsüchtigen King John und gab ihm mit seiner markanten Stimme mit dem sehr starken Vibrato einen ganz unverwechselbaren Touch. Seinen großen Stimmumfang stellte er bei dem Lied “Eine neue Zeit“ unter Beweis.
Der klassische Bariton (ehemalig Tenor) Reinhard Brussmann hatte die beiden Rollen des Earl von Huntington und des John Little inne und überzeugte auch besonders als Earl von Huntington mit seiner Art, diese Rolle so zu verkörpern wie man sie sich auch vorstellte. Besonders passend war hier auch seine angenehme Opernstimme, die man unter anderem in dem Lied “Wie ein guter Vater“ hören konnte.
Auch Thomas Christ als Sheriff de Lacy konnte gesanglich und darstellerisch glänzen.
In der Rolle der Äbtissin von Kirklees verstand es Melanie Gebhard, dieser eine große Bedeutung für die Geschichte zu geben. Gesanglich sowie schauspielerisch hat sie ihre Rolle gekonnt und sehr glaubhaft dargestellt.
Eine stimmliche Überraschung war Dennis Henschel als Will Scarlett, der seine Parts mit unbestreitbaren Können spielte, aber vor allem auch mit ganzer Kraft sang, so wie in dem Lied “Geächtet, entrechtet, so gut wie tot“.
Für einige Lacher des Abends sorgte unter anderem André Haedicke, der es verstand, mit der amüsanten Darstellung des Bruder Tuck die Stimmung im Publikum immer wieder aufzulockern.
Die langanhaltenden Standingovations zum Ende des Stücks, die eine Mischung aus Mitklatschen zur Musik von “Freiheit für Nottingham“ und euphorischen Jubel waren, waren definitiv mehr als verdient.
“Robin Hood - Das Musical“ ist nicht nur ein überaus sehenswertes Stück, bei dem es einfach Spaß macht, zuzuschauen und die Sage mitzuerleben, sondern auch ein Musical mit einer Botschaft, die wohl nie an Aktualität verlieren wird - und zwar, dass es sich immer lohnt, für seine Rechte und seine Freiheit zu kämpfen.