Das moderne Rap-Musical "Hamilton“ spielt im Hamburger Stage Operettenhaus und bringt neuen Wind in die deutschsprachige Musical-Szene.
Besuchte Vorstellung: 08.10.2022 20:00
"Hamilton - Das Musical“ stammte aus der Feder von Lin-Manuel Miranda, der, inspiriert von dem von Ron Chernow verfassten Roman "Alexander Hamilton“, das Buch, die Musik und das Libretto von dem Stück geschrieben hatte. Er übernahm in der englischen Version auf Disney+ auch selbst die Hauptrolle.
Nun gelangte dieses Stück, welches von dem aufstrebenden Lebensweg des Alexander Hamilton, der einer der Gründerväter von den USA wurde, und vom amerikanischen Unabhängigkeitskrieg erzählte, nach Deutschland.
Im Stage Operettenhaus unter der Regie von Thomas Kail fesselte diese amerikanische Geschichte das Publikum.
Die deutsche Übersetzung von Sera Finale und Kevin Schroeder war größtenteils gut gelungen und reimte sich. Jedoch gab es einige Wörter und Phrasen die weiterhin in englischer Sprache erklangen, was manchmal leicht irritierend war.
Das Bühnenbild von David Korins bestand aus einer Ziegelsteinmauer und einem Baugerüst, was den Aufbau New Yorks und den USA symbolisierte. Es wirkte sehr schlicht, doch passend. Requisiten wie Stühle, Sekretäre, etc. halfen bei der Darstellung der verschiedenen Schauplätze sowie auch das opulente Lichtdesign von Howell Binkley.
Die Kostüme von Paul Tazewell waren historisch der Zeit angemessen. Sie bestanden aus Gehröcken, britischen und amerikanisch-kolonialen Uniformen und Kleidern aus dem 18. bis 19. Jahrhundert.
Energetisch, so wie die Musik unter der Leitung von Philipp Gras, gespielt mit vollem, lauten Klang von dem inklusive Philipp Gras 14-köpfigen Orchester, war auch die Choreografie von Andy Blankenbuehler. Sie war eine Mischung aus beispielsweise HipHop und Breakdance. Besonders beeindruckend war die Szene bei dem Song "Zufrieden“. Hier setzte die Choreografie das Zurückspulen in der Zeit eindrucksvoll um, indem sie die zuvor gezeigten Handlungen rückwärts ablaufen ließ. Auch griff man zum szenischen Mittel des Einfrierens der Darsteller, oder ließ ihre Bewegungen in Zeitlupe ablaufen.
Eine Besonderheit war der multikulturelle Cast, der für dieses Stück eigens ausgewählt wurde, um ein Zeichen für Gleichheit und Gleichberechtigung zu setzen.
Am besuchten Vorstellungsabend standen insgesamt 21 Darsteller verschiedener Hautfarben auf der Bühne. Das Ensemble aus 11 Darstellern war gesanglich und tänzerisch stets auf dem Punkt.
Die Hauptrolle des um jeden Preis aufstrebenden Alexander Hamilton wurde von Benét Monteiro übernommen, der mit seiner Darstellung überzeugen konnte und gesanglich Lin-Manuel Miranda alle Ehre machte. Auch sein Flow stimmte zu jeder Zeit.
Gino Emnes als Aaron Burr, der unter anderem auch etwas narrativ durch das Stück führte, war ein wahrer Gewinn für dieses besondere Musical. Sein Rap, sein zum Teil auch souliger Gesang, seine Darstellung und sein Tanz gaben seiner Rolle einen besonderen Charakter. Ein Highlight, das durch ihn und seine kraftvolle Stimme erschaffen wurde, war zum Beispiel der Song "In Diesem Zimmer“.
Eliza Hamilton wurde von Ivy Quainoo verkörpert. Leider fiel am besuchten Vorstellungsabend auf, dass ihre Darstellung der Rolle etwas steif und nicht allzu ausdrucksstark war. Gesanglich konnte sie ihre Lieder souverän abliefern, doch auch hier fiel an manchen Stellen wie in "Hilflos“ oder auch in "Das Wär Mir Genug“ auf, dass ihre Stimme eher dünn schien. Das veränderte sich jedoch bei dem Lied "Brenn’“, wo sie all ihre Kraft und ihr stimmliches Potential zeigte.
Eine mehr als positive Überraschung war Chasity Crisp als Angelica Schuyler, die die Töne, zum Beispiel in dem Song "Zufrieden“, mit ihrer ganzen Stimmgewalt heraus schmetterte und auch mit ihrem versierten Rap sowie mit ihrer ausdrucksstarken Darstellung der Rolle überzeugte.
Charles Simmons stellte George Washington dar und begeisterte mit seiner souligen Stimme und seinem Rap. Jedoch war er am Anfang bei dem Song "Rechte Hand“ aufgrund seines amerikanischen Akzents etwas schwer zu verstehen.
Wenn Jan Kersjes als der schrullige King George die Bühne betrat, brach stets ein Lachen im Publikum aus. Er stellte diese Rolle übermäßig amüsant dar, doch wirkte dies an einigen Stellen leider ein kleines bisschen zu überladen. Seine Lieder "Schon Bald“, "Und Was Jetzt“ und "Kenn’ Ich Den“ gehörten jedoch unumstritten zu den Highlights dieses Musicals.
Daniel Dodd-Ellis stellte den Marquis de Lafayette und Thomas Jefferson energiegeladen dar und imponierte vor allem bei den Songs "Was Hab‘ Ich Verpasst?“, "Kabinett Battle #1“ und "Kabinett Battle #2“.
Der Rapper REDCHILD verkörperte Hercules Mulligan sowie James Madison und überraschte mit seiner sicheren darstellerischen Leistung, neben seinem anstandslosen Rap.
Mae Ann Jorolan hatte die Rollen der Peggy Schuyler und der Maria Reynolds inne und bannte besonders mit ihrer kräftigen Stimme, ihrem angenehm warmen Timbre und der Darstellung von Maria Reynolds bei dem Lied "Sag Nein Dazu“ das Publikum.
Die Rollen des John Laurens und des Philip Hamilton übernahm Oliver Edward, der vor allem als John Laurens mit seinem erstaunlich gekonnten Rap überzeugte.
Der laute, anhaltende Jubel und die Standingovations beim Schlussapplaus sprachen eindeutig für sich.
"Hamilton - Das Musical“ ist ein sehr energetisches, biografisches Stück und empfehlenswert für all diejenigen, die gerne Rap und HipHop hören und etwas mehr über Alexander Hamilton und die amerikanische Geschichte erfahren möchten.